Uhrenlegende Jean-Claude Biver
letzten Monat veranstalteten wir in Zusammenarbeit mit UBS in New York City ein Treffen und eine Reihe von Gesprächen namens „House of Craft“. Bei der Veranstaltung war ein Who-is-Who der Uhrenwelt vertreten, darunter Branchenlegende Jean-Claude Biver, Schauspieler Keegan Allen, Koch Alton Brown, AP-CEO für Amerika Ginny Wright, Schauspieler Daniel Dae Kim, Journalist Jay Fielden, unabhängiger Uhrmacher Simon Brette, Schauspieler und Komiker Ronny Chieng, Händler und Sammler Alessandro Fanciulli, Auktionsspezialist Geoff Hess und Herrenmodedesigner Todd Snyder. In der heutigen Folge unserer Videoreihe „House of Craft“ präsentieren wir eine weitreichende Diskussion mit dem bereits erwähnten Jean-Claude Biver.
Wie versprochen haben wir diese Gespräche gefilmt und werden sie in den nächsten Monaten veröffentlichen. Wir hoffen, Ihnen gefällt das heutige Gespräch zwischen Mark Kauzlarich, Ben Clymer und JCB.
Frühes Leben und Einführung in die Uhrmacherei
Biver wurde am 20. September 1949 in Luxemburg geboren und zog im Alter von 10 Jahren in die Schweiz. Die Schweizer Landschaft, tief verwurzelt in der Uhrmachertradition, wurde zur Kulisse seiner prägenden Jahre. Er studierte Betriebswirtschaft an der Universität Lausanne, wo er seine Leidenschaft für die Uhrmacherei entdeckte. Während dieser Zeit freundete er sich mit Jacques Piguet an, dem Erben des Uhrwerkherstellers Frédéric Piguet, was sich später als entscheidend für seine Karriere erwies.
Bivers offizieller Einstieg in die Uhrenwelt begann 1975, als er als Trainee im Marketing bei Audemars Piguet anfing. Bei Audemars Piguet vertiefte er sich in die Kunst der hohen Uhrmacherei und entwickelte eine tiefe Wertschätzung für das Handwerk und das Erbe der Schweizer Uhren.
Blancpain wiederbeleben: „Seit 1735 hat es keine Quarzuhr von Blancpain mehr gegeben“
Bivers erster bedeutender Einfluss kam, als er 1981 zu Blancpain kam. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Jacques Piguet kaufte Biver die ruhende Marke für 22.000 Schweizer Franken. Zu dieser Zeit hatte die Quarzkrise die Schweizer Uhrenindustrie verwüstet, und die traditionelle mechanische Uhrmacherei galt als überholt.
Bivers Strategie für Blancpain war revolutionär: Er positionierte die Marke als Wahl für Puristen und betonte die traditionelle mechanische Uhrmacherei gegenüber der Quarztechnologie. Der mittlerweile ikonische Slogan „Seit 1735 hat es keine Quarzuhr von Blancpain mehr gegeben. Und es wird auch nie eine geben“ fasste diese Philosophie zusammen.
Blancpain florierte unter Bivers Führung, wurde zum Synonym für Haute Horlogerie und brachte Innovationen wie den modernen ewigen Kalender und die Mondphasenkomplikation hervor. 1992 verkaufte Biver Blancpain für angeblich 60 Millionen CHF an die Swatch Group und feierte damit die triumphale Rückkehr der Marke ins Rampenlicht.
Omegas Transformation: Die Promi-Strategie
Nach dem Verkauf von Blancpain wechselte Biver zur Swatch Group und übernahm dort die Leitung für Marketing und Produktentwicklung von Omega. Zu dieser Zeit hatte Omega Mühe, mit Rolex auf dem Luxusmarkt zu konkurrieren. Bivers Ansatz war unkonventionell, aber äußerst effektiv: Er nutzte die Unterstützung von Prominenten, um die Marke neu zu positionieren.
Unter seiner Führung verpflichtete Omega den James-Bond-Darsteller Pierce Brosnan, das Supermodel Cindy Crawford und den Astronauten Buzz Aldrin als Markenbotschafter. Diese Partnerschaften trugen dazu bei, Omega mit Eleganz, Abenteuer und Spitzentechnologie in Verbindung zu bringen. Biver setzte sich auch für die Verwendung der von George Daniels entwickelten Co-Axial-Hemmung ein, einer technischen Innovation, die Omega von der Konkurrenz abhob.
Die Ergebnisse waren transformativ. Omega erlangte seinen Status als Luxus-Schwergewicht zurück und wurde zu einer der profitabelsten Marken der Swatch Group.
Hublot: Die „Kunst der Fusion“
Bivers nächster Schritt war vielleicht sein ikonischster. 2004 wurde er CEO von Hublot, einer schwächelnden Marke, die nur für ihre Bullaugen-Uhren bekannt ist. Biver führte das Konzept der „Kunst der Fusion“ ein, bei dem traditionelle Uhrmachertechniken mit unkonventionellen Materialien wie Gummi, Kohlefaser und Keramik kombiniert wurden.
Die 2005 auf den Markt gebrachte Big Bang verkörperte diese Philosophie. Mit ihrem kühnen Design und den innovativen Materialkombinationen war die Big Bang ein sofortiger Erfolg, gewann mehrere Preise und definierte das Segment der Luxus-Sportuhren neu.
Bivers Marketing-Genie zeigte sich auch bei Hublot in vollem Umfang. Er pflegte Partnerschaften mit globalen Sportorganisationen, darunter FIFA, UEFA und Ferrari, und machte Hublot zur ersten Luxusuhrenmarke, die die Weltmeisterschaft sponserte. Diese Kooperationen festigten Hublots Image als moderne, gewagte und innovative Marke.
TAG Heuer und die Wiederbelebung des erschwinglichen Luxus
2014 fügte Biver seiner glanzvollen Karriere ein weiteres Kapitel hinzu, indem er den CEO-Posten bei TAG Heuer übernahm. Die Marke, bekannt für ihre Motorsporttradition, hatte Mühe, ihre Identität in einem wettbewerbsintensiven Markt zu finden.
Biver positionierte TAG Heuer als Marke für jüngere, anspruchsvolle Käufer neu. Er führte erschwingliche Luxusuhren ein, wie die Smartwatch Connected, die technisch versierte Millennials ansprach. Er belebte auch die Kollektionen Carrera und Monaco neu und verband moderne Ästhetik mit historischer Inspiration.
Seine Fähigkeit, Tradition und Innovation in Einklang zu bringen, belebte TAG Heuer neu und festigte seine Position als Marktführer im erschwinglichen Luxussegment.
Das Erbe von Jean-Claude Biver und Biver-Uhren
2018 trat Biver aus gesundheitlichen Gründen von seinen Führungspositionen zurück, blieb jedoch Berater der Uhrenabteilung von LVMH. Trotz seines Vorruhestands bleibt sein Einfluss auf die Branche bestehen. Im Jahr 2023 brachte Biver mit seinem Sohn Pierre eine gleichnamige Marke auf den Markt. Die Debütuhr, die Carillon Tourbillon Biver, ist ein Beweis für sein anhaltendes Engagement für die handwerkliche Uhrmacherei. Mit einer Minutenrepetition mit dreifachem Schlagwerk und einem sorgfältig handgefertigten Design verkörpert die Uhr Bivers lebenslange Leidenschaft für Innovation und Exzellenz.
Geschäftsphilosophie: Leidenschaft, Menschen und Geduld
Bivers Geschäftsansatz basiert auf drei Prinzipien: Leidenschaft, Menschen und Geduld. Er glaubt, dass Leidenschaft die treibende Kraft hinter Kreativität und Erfolg ist. Seine Fähigkeit, Teams zu inspirieren und zu motivieren, ist ein Markenzeichen seines Führungsstils.
Geduld bedeutet für Biver, die langen Zeitpläne der Uhrmacherei zu respektieren. „Ein Meisterwerk kann man nicht überstürzen“, sagt er oft und betont damit die Bedeutung von Handwerkskunst und Details.
Beiträge über die Uhrmacherei hinaus
Neben seinen beruflichen Erfolgen ist Biver für seine philanthropischen Bemühungen und Beiträge zur Uhrengemeinschaft im Allgemeinen bekannt. Er hat unzählige Branchenführer betreut und setzt sich weiterhin für die Bewahrung der Traditionen der Schweizer Uhrmacherei ein.
Biver ist auch ein versierter Käser, der auf seinem Schweizer Bauernhof handwerklich hergestellten Käse herstellt. Dieses Hobby, sagt er, hält ihn geerdet und mit der Natur verbunden.
Jean-Claude Biver ist nicht nur eine Legende der Uhrenbranche; er ist ein Symbol für Belastbarkeit, Innovation und Leidenschaft. Seine Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern, Marken neu zu erfinden und andere zu inspirieren, hat die moderne Luxusuhrenbranche geprägt. Von der Wiederbelebung von Blancpain bis zur Neudefinition von Hublot, Omega und TAG Heuer ist Bivers Erbe beispiellos.
Während er mit Biver Watches weiterhin neue Horizonte erkundet, bleibt Jean-Claude Biver ein Leuchtturm der Exzellenz in der Uhrmacherkunst und beweist, dass es in der Kunst der Uhrmacherei ebenso sehr um die Menschen hinter den Zeitmessern geht wie um die Uhren selbst.